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Deutscher Volkshochschul-Verband

Smart Democracy: Wenn die Volkshochschule zum interaktiven Lernort wird

Digitale Veranstaltungsreihe zieht positive Bilanz

Bonn im März 2018

Von Lisa Freigang

Interessant – innovativ – mit Potenzial für die Zukunft“ – so lässt sich das Feedback der rund 70 beteiligten Volkshochschulen zur Veranstaltungsreihe Smart Democracy zusammenfassen. Sie alle hatten eine oder mehrere der vier Einzelveranstaltungen zu gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Digitalisierung in ihr Programm aufgenommen. 

Die Veranstaltungsreihe, gemeinsam vorbereitet vom Bundesarbeitskreis Politik–Gesellschaft–Umwelt und dem Projekt Erweiterte Lernwelten, wollte Volkshochschulen dabei unterstützen, unterschiedliche Facetten der Digitalisierung aus gesellschaftspoliti­scher Perspektive zu betrachten und gleichzeitig die Potenziale digitaler Bildungsformate in der Praxis nutzen.

Moderator René le Riche mit den Referenten Marina Weisband und Markus Beckedahl (v.l.) bei der Smart Democracy-Veranstaltung „Digitalisierung und Demokratie – Risiko oder Chance?“ an der vhs Ennepe-Ruhr-Süd.

Interaktive Vorträge glänzten mit hochkarätiger Besetzung

Alle Veranstaltungen wurden nach dem gleichen Prinzip geplant: Die vier Volkshochschulen in Bremen, Ennepe-Ruhr-Süd, Konstanz und Chemnitz luden jeweils einen Moderator und zwei Referent/-innen ein. Von dort aus wurde die Veranstaltung via Live­stream in andere Volkshochschulen übertragen. Über eine Online-Plattform konnten Teilnehmende Fragen zum Thema stellen und damit die Diskussion mit den Expertinnen und Experten unmittelbar beeinflussen. Auch vhs-Teilnehmende, die sich von zu Hause aus per Link zu der Veranstaltung zuschalteten, konnten sich so beteiligen. Vielerorts führte ein örtlicher Moderator vorab in das Vortragsthema ein und moderierte nach Ende der Übertragung einen Meinungsaustausch zwischen den Anwesenden.

Die Städtische VHS Magdeburg hat drei Veranstaltungen der Reihe „Smart Democracy“ in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt durchgeführt. Die Gelegenheit, vor und nach der Live-Übertragung miteinander ins Gespräch zu kommen, wurde sehr gern wahrgenommen. Für uns als VHS war dies ein neuartiges Format. Neben der Meisterung der technischen Realisierung lag die besondere Herausforderung in der Gewinnung von Teilnehmenden. So konnten wir die Teilnehmenden überzeugen, dass die VHS keine „angestaubte“ Bildungseinrichtung ist, sondern durchaus auch mit der Zeit geht. Die Resonanz war größtenteils sehr positiv, bemängelt wurde nach der ersten Veranstaltung die Länge, die dann aber bei den Folgeterminen angepasst wurde.

Katja Klaußner, Städtische VHS Magdeburg

Inhaltlich ist das Konzept aufgegangen: Über die zentrale Steuerung konnten Referentinnen und Referenten gewonnen werden, die sonst für die einzelne Volkshochschule – finanziell und geographisch – nicht ohne Weiteres erreichbar gewesen wären. So diskutierten Netzexperten wie Markus Beckedahl, Chefredakteur des Portals netzpolitik.org, und Marina Weisband, frühere politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, zum Thema digitale Selbstverteidigung und Online-Partizipation. Außerdem wurde von Bremen aus ein Gespräch zwischen dem Politikberater und -strategen Martin Fuchs und Dr. Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung zur Relevanz des digitalen Wahlkampfes für die Bundestagswahl in mehere Volkshochschulen gesendet.

Format wird nach positivem Feedback fortgeführt – und verbessert

Auch wenn bei der Technik noch Verbesserungspotenzial besteht – Bild und Ton hakten bei einigen Volkshochschulen zwischendurch immer wieder, gab es viel Lob und in der Regel auch Verständnis für kleinere technische Probleme bei den Teilnehmenden. Und für die Volkshochschulen war die Aktion ein willkommener Anlass, etwas daraus zu lernen: „Für uns lag der Mehrwert der Reihe in der Erprobung dieses Formats im vollen Umfang. Von der Vorbereitung, der Werbung, über die technische Organisation bis hin zur tatsächlichen Durchführung: Hier konnten wir alles einmal testen. Das ist ein wichtiger Orientierungsgewinn für spätere Planungen beim Einsatz digitaler Angebote“, fasst ein beteiligter Mitarbeiter einer Volkshochschule zusammen.

Toll, dass so ein niedrigschwelliges Webinar-Angebot entwickelt wurde! Passend war auch die Platzierung rund um die Bundestagswahlen. Die Hamburger Volkshochschule hat zwei Webinare live übertragen und im Anschluss mit den Kursteilnehmenden anregend diskutiert – sowohl über die Inhalte als auch über das neue Format. An zwei weiteren Webinaren konnten die Teilnehmer nur mit eigenen Computern, Tablets oder Smartphones teilnehmen; es gab also keinen Kurs vor Ort. Diese beiden unterschiedlichen Formate warfen die Frage nach prägnanten selbsterklärenden Bezeichnungen auf. Webinar? VHS-Webinar? Online-Webinar? Home-Webinar? Eine perfekte Antwort haben wir leider noch nicht gefunden.
Die Reihe war ein Gewinn, weil wir Erfahrungen in der Umsetzung eines neuen Formats sammeln, einen passenden Workflow zwischen unseren Abteilungen entwickeln und vor allem eine spannende Kursreihe mit ausgewiesenen Experten anbieten konnten. Die vier Veranstaltungen hatten unterschiedliche Qualitäten, was Moderation, Übertragungsqualität, Beantwortung von Fragen der Teilnehmer sowie die Präsenz von Frauen oder Experten mit Migrationshintergrund anbelangt. Hier lässt sich sicher manches verbessern.

Anke Schwarzer, Hamburger VHS
Über eine App konnten die Teilnehmenden Fragen an Referentinnen und Referenten stellen und Fragen anderer Nutzer nach oben voten.

Aber nicht nur angesichts der eigenen Organisationsentwicklung, auch im Hinblick auf das Image der vhs wird die Reihe geschätzt, denn das Format wurde in der Öffentlichkeit als innovativ wahrgenommen. Trotzdem fiel es vielerorts schwer, Teilnehmer zu gewinnen. Leider kamen mitunter nur kleine Gruppen zum Live-Webinar zusammen. Folglich sind nicht alle vhs überzeugt, dass sie vor Ort eine Zielgruppe für das Format finden. Die meisten sind sich einig, dass hierfür Kontinuität notwendig ist: „Ganz wichtig: Wir brauchen unbedingt eine verlässliche und dauerhafte Fortführung dieses Formats, da wir uns den Ruf als Anbieter solcher Angebote erst erarbeiten müssen und auch die Teilnehmerzahlen voraussichtlich erst durch kontinuierliche Bespielung ansteigen werden“, so die Verantwortliche einer beteiligten vhs aus Bayern.

Für die Fortführung der Reihe soll das Format nun noch einmal überarbeitet werden. Zum Herbstsemester 2018, voraussichtlich ab November, sind zunächst zwei neue Veranstaltungen geplant. Das Thema Digitalisierung und Gesellschaft bleibt dabei weiterhin im Fokus. Diesmal soll es unter anderem um die Auswirkungen der Digitalisierung auf unser Arbeitsleben gehen.

Dokumentation

In der vhs.cloud stehen in der Netzwerkgruppe „Smart Democracy“ nicht nur die Mitschnitte aller Veranstaltungen, sondern auch eine umfassende Link- und Materialienliste zu den

Themen der vier Veranstaltungen zur Verfügung. Volkshochschulen sind herzlich eingeladen, die Videos und Materialien in eigenen Veranstaltungen einzusetzen.

Hinweis: Dieser Artikel ist erschienen in der dis.kurs-Ausgabe 1/2018.

Lisa Freigang

Referentin Schwerpunkt Politische Bildung und Kulturelle Bildung

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Bildnachweise

  • Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.
  • Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.