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Deutscher Volkshochschul-Verband

vhs Oberhausen unterzeichnet "NRW-Erklärung der Vielen"

„Wir müssen uns auf alle und die dazugehörende Vielfalt einstellen!“ Das sagt Dr. Gesa Reisz, Leiterin der vhs Oberhausen. Im Interview äußert sie sich zur kulturellen Offenheit an Volkshochschulen.

Dr. Gesa Reisz leitet die vhs Oberhausen

Worum geht es bei der „NRW-Erklärung der Vielen“?

Gesa Reisz: Wir haben uns für etwas, was wir in Oberhausen in der Kultur seit langem und laufend entwickeln. Als Volkshochschule sind wir laut Weiterbildungsgesetz in Nordrhein-Westfalen für alle Menschen in der Kommune da, also müssen wir uns auch auf alle und die dazugehörende Vielfalt einstellen.

Vor zehn Jahren konnten wir gemeinsam mit den Fachbereichen Kultur, Soziokultur und Weiterbildung in Oberhausen ein Handlungskonzept zur interkulturellen Kulturarbeit entwickeln. Seitdem ist bei der Personalgewinnung beispielsweise interkulturelle Kompetenz ein hartes Bewerbungskriterium und Migrationshintergrund erwünscht. Diversität zu entsprechen und auch dazu geeignete Konzepte zu entwickeln, wie man sie umsetzt, ist die logische Fortsetzung für eine vhs, die ihre Stadt, ihren Kreis kennt. Mit dem Kulturdezernat und dem Büro für Interkultur Oberhausen haben wir ein Jahr an solchen Strategien gearbeitet und verpflichten uns mit den Gremien auch zur Umsetzung und Beobachtung dieses Prozesses.

Mit der „Erklärung der Vielen“ haben wir uns zu Öffentlichkeit entschieden und – als zu politischer Neutralität verpflichtete Einrichtung – auch zum Kampf gegen Rechtsextremismus. Als Beteiligte am „Antifaschistischen Bündnis“, als Beirat von „Demokratie leben!“, Teil von „NRWeltoffen“, Veranstalter des „Sally Perel Filmfestivals“ etc. haben wir das aber immer schon so verstanden. In Oberhausen verfügen wir gemeinsam mit dem Verein „Arbeit und Leben“ von DGB/vhs über eine sehr starke politische Bildung mit hoher Frequenz, die sich solchen Themen widmet. Vielleicht müssen wir den Spagat besser hinbekommen, für die Menschen und für die Veranstaltungen der Kampagne da zu sein.

Aus welchen Gründen unterzeichnete die vhs Oberhausen diese Erklärung ?

Wir wollten öffentlich mit unserer Stadt dazu stehen, was wir hier verfolgen. Auch der Kulturdezernent unterstützte uns dabei und steht dahinter. Es ist gleichfalls eine gute Gelegenheit, sich inhaltlich und politisch zu vernetzen, auszutauschen und gemeinsam größer zu sein. Vielfalt zu achten, heißt auch immer, Hemmnisse zur Teilhabe zu erkennen und sich beratend, fördernd, anwaltschaftlich für Menschen einzusetzen, um Teilhabe zu ermöglichen. Deshalb wird Bildungsberatung ein wichtiger Faktor für uns sein.

Was waren die Hintergründe dafür, die Erklärung zu unterzeichnen?

Solche Erfahrungen, wie sie die Erklärung benennt, nämlich „Rechte Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur" kennen Gedenkhalle und Volkshochschule in Oberhausen und auch der Zeitzeuge Sally Perel, der jährlich hierher kommt. Das war mit ein Grund, aber auch nur einer der Gründe, sich für ein so umfassendes Thema zusammenzuschließen.

Was plant die vhs Oberhausen, um „Tiefenwirkung“ zu entfalten?

In Oberhausen arbeiteten wir im Kulturdezernat ein Jahr mit der Zukunftsakademie NRW ZAK zusammen, um unsere Einrichtungen zu öffnen, uns zu sensibilisieren und Handlungskonzepte zu entwickeln. Diese werden in den Gremien bekannt gemacht und damit öffentlich zu einer Verpflichtung. Die Umsetzung wird immer wieder gemeinsam überprüft und ausgetauscht. Dabei können wir auch die Hintergründe aus unseren Verbänden und Kontexten austauschen, was sehr bereichernd ist. Wir als vhs sind mit der Bibliothek ein gemeinsamer Arbeitsbereich und versuchen sogar noch, unsere Konzepte zusammenzubringen. Zusätzlich gibt es in Oberhausen das seit 20 Jahren bestehende Netzwerk interkulturelles Lernen (NIL) und viele andere regionale Kontexte. Aber auch NRW-weit gibt es immer wieder spannende Fachzusammenkünfte.

Volkshochschule und Bibliothek sind in Oberhausen auch Pilotbereiche zur Einführung „leichter Sprache“. Dazu absolvieren viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildungen und setzen das Gelernte in Texten der Einrichtung um. Ich glaube, dass wir gemeinsam - Kultur in Oberhausen, Kultur und Weiterbildung in NRW und im Bund – noch mehr Tiefe und auch Förderung für die Vielfalt erwirken können. Deshalb bleiben wir dabei und aufmerksam!

Die Fragen stellte Sascha Rex, Grundsatzreferent für Gesellschaftspolitik und Projektleiter beim DVV.

Dr. Gesa Reisz ist Leiterin der Volkshochschule Oberhausen.

„Erklärung der Vielen“

ist eine Kampagne des Vereins DIE VIELEN e.V., dessen Ziel die Beförderung internationaler Gesinnung, die Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Gedankens der Völkerverständigung sowie der Förderung von Volksbildung ist.
Die „Berliner Erklärung der Vielen“ war Vorbild für zahlreiche weitere Erklärungen von Zusammenschlüssen regionaler oder stadtweiter Kultureinrichtungen. 

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Bildnachweise

  • Die Vielen e.V.
  • © axel j. scherer