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Deutscher Volkshochschul-Verband

Ostertagung digital – Jugendbildung analog

Traditionell treffen sich fast 300 Menschen aller Generationen für eine Woche um Ostern in der Heimvolkshochschule Burg Rothenfels in Bayern. In diesem Jahr wurde die Tagung kurzfristig in ein digitales Format umgewandelt. Wir sprachen mit der Jugendbildungsreferentin Magdalena Kneisel darüber, wie das geklappt hat.

Man muss dafür brennen, wenn es richtig gut werden soll.

Magdalena Kneisel, Jugendbildungsreferentin in der Heimvolkshochschule Burg Rothenfels

Frau Kneisel, Sie haben auf Burg Rothenfels die einwöchige Ostertagung zum Thema „Lebensgrundlagen – Was uns die Erde Gutes spendet“ in diesem Jahr in ein digitales Format umgewandelt. Wie hat das funktioniert?

Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie mussten wir die Präsenzveranstaltung leider kurzfristig absagen. Wir haben dann die Vorträge und Gesprächsrunden als digitale Formate über YouTube und Zoom umgesetzt. Ein Glücksfall war, dass die Referentinnen und Referenten alle damit einverstanden waren, ihre Vorträge via Internet zu halten. So gab es vormittags und abends Vorträge mit Livechats und anschließenden Gruppendiskussionen, auch Gottesdienste haben wir live gestreamt. Unser Bildungsreferent hat das Ganze moderiert – sowohl die Chats als auch die Gespräche mit den Referent*innen. Es gab ein digitales „Schwarzes Brett“, an dem Leute eigene Ideen einbringen und sich auch ohne Tagungsleitung vernetzen konnten. Viele kreative Ideen entstanden im Lauf der Woche, so zum Beispiel auch eine Theateraufführung für Kinder.

Welche Voraussetzungen haben es ermöglicht, die Tagung digital umzusetzen?

Wir haben das Glück, dass unser neuer Bildungsreferent Philip Fuhrmann bereits viel Erfahrung mit digitalen Bildungsformaten hat. Er hat sich hochmotiviert und leidenschaftlich in die technische Organisation gestürzt. Er wusste genau, was es zu beachten gilt, ob die technische Ausstattung und die Internetbandbreite reichen, wie man die YouTube-Kanäle bespielt und so weiter. Viele Teilnehmende brauchten zunächst auch eine technische Einführung. Ich denke, man muss als Veranstalter schon dafür brennen, wenn es richtig gut werden soll.

Wie viele Leute haben teilgenommen – auch im Vergleich zur Präsenztagung?

Normalerweise ist die Burg zur Ostertagung mit 280 Teilnehmenden aller Generationen ausgebucht. Es haben in diesem Jahr je schätzungsweise 50 bis 70 Leute die Online-Vorträge verfolgt, darunter auch etwa zehn Jugendliche und junge Erwachsene. Eigene Programmpunkte für die Jugendlichen, wie sie sonst bei der Ostertagung üblich sind, konnten wir leider digital nicht umsetzen. Das lag daran, dass ich als Jugendbildungsreferentin Überstunden als Kurzarbeit abbauen musste und keine Zeit zur Vorbereitung hatte.

Welche Auswirkungen haben die Corona-Maßnahmen auf Ihre Angebote der politischen Jugendbildung?

Im Sommer soll traditionell unsere einwöchige Jugendtagung auf der Burg stattfinden. Wir hoffen noch darauf, dass es Ende Juli oder Anfang August möglich sein wird, die Burg für unsere Gäste zu öffnen. Falls das nicht geht, wird die Jugendtagung wohl ausfallen. Die ehrenamtlichen Teamer*innen haben sich bereits dagegen ausgesprochen, die Tagung digital umzusetzen. Denn die persönliche Begegnung an dem besonderen Ort, das Zusammenleben und die geteilte Zeit spielen gerade für die Jugendlichen eine sehr große Rolle. Dies kann durch Videokonferenzen und Chats nicht ersetzt werden.

Was haben Sie aus der derzeitigen Situation für die Zeit nach Corona bereits gelernt bzw. was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit?

Für die Erwachsenenbildung können wir uns digitale Formate als Ergänzung unserer Präsenzangebote auch weiterhin vorstellen. Wir fanden es positiv, dass die Vorträge auch Menschen erreicht haben, die sonst nicht zur Ostertagung gekommen wären. Einige Teilnehmende haben die Links zu den Vorträgen an Menschen weitergeleitet, die an bestimmten Themen interessiert waren. So haben wir eine erweiterte Zielgruppe erreicht. Der Inhalt hat insgesamt einen stärkeren Fokus eingenommen als bei der Tagung auf der Burg. Videokonferenzen können nicht das tatsächliche Beisammensein im Tagungsraum oder beim Abendessen ersetzen.

Das gilt umso stärker für die Jugendbildung. Digitale Angebote können reale Begegnungen nicht ersetzen. Die Gruppenprozesse und die physisch gemeinsam verbrachte Zeit sind zu wichtig. In digitalem Kontakt stehen die Jugendlichen sowieso über WhatsApp etc. Die Motivation, in den Sommerferien gezielt an Bildungsmaßnahmen zu Hause am Computer teilzunehmen, schätzen wir nicht als so überwältigend hoch ein.


Das Gespräch mit Magdalena Kneisel führte Katharina Reinhold im Mai 2020.

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  • Getty Images / valentinrussanov
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