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Die neue Umsatzsteuerpflicht für Kommunen
Im Zuge einer Angleichung des deutschen Steuerrechts an das europäische werden die Kommunen in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Dafür wurde § 2b Umsatzsteuergesetz geändert. Zwar dürfen Kommunen noch bis zum 31.12.2026 auf die Anwendung dieses neu geregelten Paragraphen verzichten. Ab 2027 müssen sie jedoch – vereinfacht ausgedrückt – auf Leistungen und Angebote, die auch private Unternehmen erbringen oder erbringen könnten, Umsatzsteuer abführen und Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgeben.
Diese anstehende kommunale Umsatzsteuerpflicht führt dazu, dass Kommunen ihre Leistungen hinsichtlich einer Umsatzsteuerpflicht auf den Prüfstand stellen; häufig geschieht dies mit Unterstützung externer Steuerkanzleien oder Berater*innen. Zu den Leistungen, die geprüft werden, zählen auch die Kursangebote der Volkshochschulen.
Für die Kommunen und ihre Einrichtungen – insbesondere auch für die Volkshochschulen als kommunale Bildungsinstitutionen – ist vor allem die Verlängerung der Übergangsregelung zur Anwendung des § 2b UStG von Bedeutung. Durch die Änderung des § 27 Abs. 22a UstG wurde festgelegt, dass öffentliche Körperschaften erst ab dem 1. Januar 2027 zwingend nach § 2b UStG umsatzsteuerlich tätig werden müssen. Bis dahin bleibt die Option zur Anwendung der bisherigen Regelung (§ 2 Abs. 3 UStG a.F.) noch bis zum 31. Dezember 2026 bestehen.
Für Körperschaften, die bereits freiwillig auf die neue Regelung nach § 2b UStG umgestellt, haben, ergeben sich durch die Verlängerung keine Änderungen.
Umsatzsteuerbefreiung von vhs-Kursen
Im Zuge der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2024 wurde die Befreiungsvorschrift für unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen, § 4 Nr. 21 UStG, geändert.
Die zentrale Befreiungsvorschrift für die Volkshochschulen ist § 4 Nr. 22a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Regelung befreit Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art, die von bestimmten Einrichtungen, u.a. Volkshochschulen, erbracht werden, von der Umsatzsteuer. § 4 Nr. 22a (UStG) ist eine essenzielle Voraussetzung für die Erfüllung des öffentlichen Auftrags, lebenslanges Lernen für alle zu ermöglichen.
Auch wenn die zentrale Befreiungsvorschrift für die Volkshochschulkurse § 4 Nr. 22a ist, bleibt die Auslegung des § 4 Nr. 21 UStG durch die Finanzverwaltung für die Volkshochschulen von besonderer Bedeutung, da nach ganz einhelliger Ansicht Bildungsveranstaltungen im Sinne des § 4 Nr. 22 UStG nur solche sein können, die auch die Voraussetzungen des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG erfüllen.
Am 24. Oktober 2025 hat das BMF zwei Schreiben veröffentlicht: Zum einen die Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) zu § 4 Nr. 21 (Öffnet in einem neuen Tab) und zum anderen das Informationsblatt zum Vorliegen begünstigter Leistungen nach § 4 Nr. 22a UstG. (Öffnet in einem neuen Tab)
Schul- und Hochschulunterricht
Das BMF wiederholt in Tz. 4.21.1 Abs. 3 Satz 1 die Definition des Schul- und Hochschulunterrichts, die der EuGH mittlerweile in gefestigter Rechtsprechung verwendet. Danach ist Schul- und Hochschulunterricht „solcher Unterricht, der als Teil eines integrierten Systems für die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen anzusehen ist.“
Positiv hervorzuheben ist, dass es dem DVV in hartnäckigen Diskussionen mit dem BMF gelungen ist, eine „Berufsbezogenheit“ des Bildungsbegriff und des Begriffs des Schul- und Hochschulunterrichts zu verhindern. Somit ist zwar ein Berufsbezug weiterhin eine ausreichende Bedingung für die Annahme einer Aus- und Fortbildungsveranstaltung (vgl. Tz. 4.21.1 Abs. 9 -11), aber keine notwendige Bedingung für die Annahme von Schul- oder Hochschulunterricht.
Auch stellt das BMF ausdrücklich fest, dass Schüler*innen und Studierende Personen jeder Altersgruppe sein können und auch Angebote der Erwachsenenbildung Schul- und Hochschulunterricht sein können. Die bisherige Altersdiskriminierung, nach der Kurse für Senior*innen generell Freizeitveranstaltungen seien, hat das BMF wohl endgültig aufgegeben.
Die entscheidende Frage bei der praktischen Anwendung des neuen UStAE durch die Finanzverwaltung wird sein, wie die Finanzverwaltung die auch aus der Rechtsprechung des EuGH bekannte Abgrenzung auslegt, dass „außerhalb des integrierten Systems erbrachter spezialisierter, punktueller Unterricht“ nicht vom Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts erfasst ist. Durch die Regelung des § 4 Nr. 22 UStG hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er die Volkshochschulen als Teil des integrierten Systems ansieht. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers wird die Finanzverwaltung nicht angreifen.
Der DVV wird weiter dafür eintreten, dass auch die Finanzverwaltung dies ausdrücklich klarstellt.
Bloße Freizeitveranstaltung
Für die Steuerbefreiung der Volkshochschulangebote entscheidend ist somit die in Tz. 4.21.2 der Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) zu § 4 Nr. 21 (Öffnet in einem neuen Tab) vorgenommene Abgrenzung der dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistung von der der bloßen Freizeitgestaltung dienenden Leistung.
Im Gegensatz zu den ursprünglichen Entwürfen hat das BMF auch in diesem Zusammenhang die Verengung der Bildung auf berufliche Bildung aufgegeben. Vielmehr kommt es nach Tz. 4.21.2 S. 3 nunmehr vor allem darauf an, ob die Veranstaltung „lediglich den organisatorischen Rahmen für eine Gelegenheit zum Ausüben einer Freizeitaktivität bietet, wie z. B. animierte Tanzabende, eine bloße Produktherstellung (u. a. das Töpfern einer Vase, die Fertigstellung eines Adventskranzes) oder das bloße Ausüben einer Tätigkeit (u. a. Kochen, Kalligraphieren).“
Hier finden sich insofern auch schon im UStAE zu § 4 Nr. 21 die maßgeblichen Abgrenzungskriterien, die auch in dem Merkblatt zu § 4 Nr. 22 UStG enthalten sind. Das BMF betont, dass diese Beurteilung immer im jeweiligen Einzelfall entschieden werden muss, so dass sich pauschalierte Einordnungen grundsätzlich verbieten. Die Abgrenzung der bloßen Freizeitveranstaltung von der Bildungsveranstaltung wird auch weiterhin Fragen aufwerfen und Grenzfälle produzieren.
Der Kriterienkatalog des Informationsblattes zu § 4 Nr. 22 UStG bietet zusammen mit dem BMF-Schreiben zu § 4 Nr. 21 UStG eine gute Grundlage für die Volkshochschulen, um die etwaige Steuerpflicht einzelner Kurse beurteilen zu können.
Insbesondere zeigen die Schreiben aber auch, worauf bei der Kurskonzeption und Darstellung in den Programmheften zu achten ist. Hier ist es weiterhin entscheidend, dass das pädagogische Konzept, die Zielrichtung der Veranstaltung und die Qualifikation der Kursleitenden herausgestellt werden, um den Bildungscharakter der Veranstaltung darzustellen. Der DVV wird die Handlungshilfen zur Programmplanung und -umsetzung aktualisieren und den Volkshochschulen zeitnah zur Verfügung stellen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch Werbung und andere Veröffentlichungen von der Finanzverwaltung zur Kenntnis genommen werden und es schwer werden kann, die Finanzverwaltung davon zu überzeugen, dass „Werbeaussagen“ nicht die zutreffende Zielrichtung des Kurses darstellen.
Anwendungsregelungen
Die Grundsätze der neuen BMF-Schreiben sind generell auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 erbracht werden. Mit Ausnahme der Regelungen, die unmittelbar auf Entscheidungen des EuGH basieren, will es das BMF nicht beanstanden, wenn für Umsätze, die bis zum 31. Dezember 2027 ausgeführt werden, die Umsatzsteuerfreiheit nach den Abschnitten 4.21.1 bis 5 des UStAE alte Fassung beurteilt wird. Die praktischen Auswirkungen dieser Übergangsregelung für die Volkshochschulen ist zu vernachlässigen, da die maßgebliche Definition des Schul- und Hochschulunterrichts unmittelbar auf der Auslegung des EuGH basiert und daher in allen offenen Fällen anzuwenden ist.
Auch wenn bei der Abgrenzung zwischen Bildungs- und Freizeitangeboten weiterhin gewisse Auslegungsspielräume bestehen, liegt nun erstmals ein bundeseinheitlich anzuwendender Kriterienkatalog der Finanzverwaltung vor. Dies schafft mehr Rechtssicherheit für Volkshochschulen und berücksichtigt zugleich ein zeitgemäßes Verständnis von Bildung im öffentlichen Auftrag.
Mit den neuen Schreiben des Bundesfinanzministeriums wird der langjährige Einsatz des Deutschen Volkshochschul-Verbandes für den Erhalt der Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsangeboten und eine verlässliche Anwendung der steuerrechtlichen Regelungen anerkannt.