Unternehmensnachfolge im Mittelstand: Nach Einschätzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist das für alle Beteiligten ein „Großprojekt mit Fallstricken“. Viele Unternehmen sind auf den anstehenden Übergang nicht vorbereitet, befürchten die Expert*innen bei der traditionsreichen Förderbank. Einer Erhebung von 2022 zufolge droht bei etwa 165.000 der ca. 600.000 kleinen und mittleren Unternehmen, die die Nachfolge bis Ende 2025 anstreben, eine erhebliche Verzögerung oder gar eine Stilllegung des Betriebs. Entsprechend groß ist die Sorge in den für Wirtschaftsförderung zuständigen Regionalverwaltungen. So zum Beispiel im Landratsamt des Kreises Fürstenfeldbruck bei München: Viele Unternehmer*innen würden die Anbahnung der Nachfolge zu lange aufschieben, schreibt das Amt auf seiner Webseite. Es sei jedoch dringend geraten, sich frühzeitig darum zu kümmern, um das eigene Lebenswerk zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten.
„Das Problem kennt jede und jeder, bei uns und überall in Deutschland“, sagt Christian Winklmeier, Leiter der vhs Fürstenfeldbruck. „Bäckereien schließen, weil die Inhaber keine Nachfolger finden, florierende Gaststätten werden aufgegeben, weil die nächste Generation nicht weitermachen will, Handwerksbetriebe verschwinden, obwohl die ganze Gemeinde ihre Dienstleistungen braucht. Das belastet die Kommunen nicht nur finanziell: Wenn Traditionsunternehmen dichtmachen, geht auch Lebensqualität verloren.“ Es müsse etwas geschehen, und dazu wolle seine vhs ganz konkret beitragen: mit einem Coaching für die Verantwortlichen in kleinen und mittleren Unternehmen, denen ein Generationswechsel und die Übergabe an eine neue Leitung bevorstehen.
Idee kam von einer Kursleiterin
Was brauchen kleine und mittlere Unternehmen in Zeiten wie diesen? Das hat Christian Winklmeier vor einiger Zeit erst einmal Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und mit intimer Kenntnis der Verhältnisse in ihrer Stadt gefragt: seine Kursleiter*innen. Dabei ergab sich, dass etliche Lehrkräfte über ihre hauptberuflichen Tätigkeiten mit den Herausforderungen, die sich kleinen und mittleren Unternehmen heute stellen, bereits vertraut waren. Einige hatten sogar schon Erfahrung als Coaches für Firmen. So kam auch der Vorschlag für ein Angebot zur intergenerationellen Zusammenarbeit in Unternehmen („Vom Babyboomer zur Generation Z“) und zur Vorbereitung der Nachfolge an der Spitze des Betriebs aus den Reihen der Lehrkräfte. Weitere Impulse, zum Beispiel für eine an Unternehmer*innen gerichtete Online-Veranstaltung mit Ratschlägen für die Bildung von selbstmotivierten Hochleistungsteams, erhielt Christian Winklmeier auf einer Konferenz des Bayerischen Volkshochschul-Verbands.
Bald vielleicht ein Modell
In Angeboten für das Personal kleiner und mittlerer Unternehmen sieht der vhs-Leiter ein zukunftsträchtiges Arbeitsfeld für die vhs: „Mittelständische Unternehmen können sich Inhouse-Schulungen durch Unternehmensberater*innen oft nicht leisten, auch wenn Leitung und Belegschaft den Schulungs- und Beratungsbedarf erkennen.“ Viele würden sich erschwingliche Fortbildungsangebote wünschen, und zwar möglichst in Präsenz. Genau das könnten die Volkshochschulen vor Ort leisten. Allerdings seien Volkshochschulen als Weiterbildungspartner von Betrieben noch zu wenig bekannt: „Alle kennen die Sprachlernangebote der vhs, aber die vhs kann noch viel mehr: Bei uns können Unternehmerinnen und Unternehmer wie auch ihre Beschäftigten die ganze Palette der Zukunftskompetenzen erwerben.“ Um Unternehmen darüber zu informieren, kooperiert die vhs mit lokalen Gewerbeverbänden und Wirtschaftsförderern.
Demnächst fusioniert die vhs mit den benachbarten Volkshochschulen Maisach und Mannendorf, das bringt noch mehr Mittelständler ins unmittelbare Einzugsgebiet. Aber auch darüber hinaus will Christian Winklmeier bei innovativen Angeboten für Firmen mit anderen vhs zusammenarbeiten: Vielleicht könne so ein Modell entstehen, das Volkshochschulen dann bundesweit nutzen.