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Deutscher Volkshochschul-Verband

"Wir sind hier" – Demokratie hinter Gittern

Politische Bildung für jugendliche Strafgefangene

Orte der Demokratie sollten für alle Bürger*innen offen sein, unabhängig von deren sozialen Status, ihrer Herkunft oder anderen persönlichen Merkmalen. Zu solchen Orten haben Menschen im Strafvollzug naturgemäß keinen Zugang. Grund genug, nach alternativen Formaten der Demokratiebildung speziell für diese Gruppe zu suchen, fanden Dr. Helga Huber, Leiterin der vhs Rupertiwinkel, und Tanja Kosmaier, Kommunale Jugendpflegerin des Landkreises Berchtesgadener Land. Denn gerade für junge Strafgefangene sei es wichtig, Erfahrungen mit aktiver Beteiligung und Mitbestimmung zu sammeln, auch für die Zeit nach der Entlassung aus der Haft.

JVA als Ort der Demokratie?

Helga Huber und Tanja Kosmaier beschlossen, unter den jugendlichen Strafgefangenen in der JVA Laufen/Lebenau den Austausch von Wissen und Ideen in Gang zu bringen, um ihr demokratisches Bewusstsein und ihre Bereitschaft zur politischen Partizipation zu stärken. Sie wollten zeigen: Das geht auch mit dieser Zielgruppe und an einem Ort voller Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen. 

Demokratie ist nicht nur eine Theorie, sondern aktiv zu erleben und zu gestalten – selbst hinter Gittern.

Dr. Helga Huber, Leiterin der vhs Rupertiwinkel

2022 richtete die vhs die ersten Kurse in der JVA ein. Was er seither erlebt hat, stimmt Kursleiter Andreas Lindner zuversichtlich: Mehrfach schon haben jugendliche Strafgefangene inzwischen an seiner praktischen Einführung in die Prinzipien der Demokratie teilgenommen, und das Interesse daran lässt nicht nach.

Nachdenken und Diskutieren

Andreas Lindners Konzept ist einfach, aber effizient: Die Teilnehmer setzen sich mit Grundlagen der demokratischen Ordnung auseinander, zum Beispiel der UN-Menschenrechtskonvention oder der Kinderrechtskonvention. Sie befassen sich aber auch mit aktuellen Nachrichten. Dabei stehen immer Reflexion und Diskussion im Mittelpunkt. „So entwickeln die jungen Leute gemeinsam ein besseres Verständnis für die Welt“, sagt Andreas Lindner. 

Teilnehmende wählen Kursschwerpunkt selbst

Spannend wird es jeweils, wenn der Kursschwerpunkt festgelegt wird. Die Jugendlichen wählen ihn selbst aus. Ein transparenter Entscheidungsprozess, der den Prinzipien der Demokratie entsprach, führte so zur Gründung einer fiktiven Gruppe von friedlichen Klimaaktivisten. Eine andere Gruppe nahm sich das Thema Rassismus vor und bezog Stellung dazu. Auch die Aufgaben der Politik in der Bekämpfung von Drogenhandel und Sucht wurden schon diskutiert. 

Darüber hinaus machten sich die Jugendlichen mit der Arbeit von Amnesty International vertraut. Sie nahmen an der Aktion „Write for Rights“ teil und setzten so ein Zeichen der Solidarität mit verfolgten, bedrohten oder zu Unrecht inhaftierten Menschen.

Grundstein legen für eine bessere Zukunft

Bei „Wir sind hier“ ist der Blick stets nach außen gerichtet. „Die Jugendliche erfahren: Demokratie ist nicht nur Theorie, sondern aktiv zu erleben und zu gestalten – selbst hinter Gittern“, sagt vhs-Leiterin Dr. Helga Huber. Die Projektbeteiligten von der Anstaltsleitung bis zum vhs-Team und dem Team der Kommunalen Jugendpflege können sich gut vorstellen, dass hier der Grundstein für eine bessere Zukunft außerhalb der JVA gelegt wird. 


#zukunftsort_vhs – Volkshochschule als Ort der Demokratie

vhs macht die Gesellschaft zukunftsfähig, überall in Deutschland. Wir zeigen Ihnen, was Volkshochschulen von Aurich bis Zittau tun, um demokratische Werte zu verteidigen und das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern. 


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  • vhs Rupertiwinkel
  • Deutscher Volkshochschul-Verband e. V.