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Erfolgreich in den Arbeitsmarkt 

Start Guides der vhs Delmenhorst führen Unternehmen und Zugewanderte zusammen

Arbeitskräfte werden überall in Deutschland händeringend gesucht. Wie eine Erhebung der Bundesagentur für Arbeit aus dem März 2025 zeigt, sehen 69,8 Prozent der befragten Unternehmen in der Beschäftigung von geflüchteten Menschen eine Möglichkeit zur Milderung von Arbeits- oder Fachkräftemangel. Doch nicht überall, wo ein Wille ist, ist auch ein einfacher Weg. Zwischen Sprachbarrieren und bürokratischen Verfahren stoßen Unternehmen wie Zugewanderte gleichermaßen auf Hürden, die eine schnelle Arbeitsmarktintegration erschweren oder verzögern können. An dieser Stelle setzt das Projekt „Start Guide“ der vhs Delmenhorst an, dessen Ziel es ist, durch beidseitige Begleitung arbeitssuchende Zugewanderte und interessierte Unternehmen nachhaltig zusammenzuführen.

Beate Peltzer vom Trägerverein Frauen und Wirtschaft e.V. (l.) und Liesel Gadeberg von der vhs Delmenhorst beraten im Projekt „Start Guides“ Zugewanderte auf dem Weg in den Beruf.

Aller Anfang ist schwer

Ohne Sprachkenntnisse läuft nichts. Wer dauerhaft in Deutschland leben und arbeiten möchte, kommt um das Erlernen der deutschen Sprache nicht herum. Doch wer glaubt, dass ein Sprachzertifikat allein den Einstieg in den Arbeitsmarkt garantiert, der unterschätzt die vielen kleinen, aber feinen Stellschrauben, damit Unternehmen und Zugewanderte erfolgreich zueinanderfinden können. Um ein beliebtes Bild zu bedienen: „Sprache ist der Schlüssel“ – und trotzdem klemmt es manchmal beim Eintritt in den Arbeitsmarkt. 

Woran das liegt und was man dagegen tun kann, damit kennt Liesel Gadeberg sich bestens aus. Seit vielen Jahren betreut Gadeberg an der vhs Delmenhorst Projekte rund um die Berufsintegration von zugewanderten Menschen. Seit Oktober 2024 leitet sie mit dieser Expertise das Projekt „Start Guides“, eine Kooperation der Volkshochschule Delmenhorst mit dem Trägerverein Frauen und Wirtschaft e.V., finanziert aus Mitteln des “Start Guides”- Förderprogramms des Landes Niedersachsen. 

Aus Erfahrung weiß Gadeberg, welchen kleinen und großen Hindernissen sich Zugewanderte gegenübersehen, wenn sie nach dem Sprachkurs Arbeit in Deutschland suchen. Ohne berufliche Netzwerke oder persönliche Kontakte fehlt oft der Zugang zu Stellen, die andere „über Beziehungen“ finden. Wer aus dem Ausland kommt, dem fehlt dieser Startvorteil. Ein weiteres Hindernis: Qualifikationen, die im Herkunftsland erworben wurden – ein Studium, eine Ausbildung – werden in Deutschland häufig nicht oder nur teilweise anerkannt. Und so manchem wird die Aufnahme einer Arbeit sogar rechtlich erschwert, etwa durch einen unsicheren Aufenthaltsstatus oder bürokratische Auflagen. All das führt dazu, dass viele Zugewanderte trotz Motivation und Können lange brauchen, um im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Doch auch viele Arbeitgeber zögern – nicht aus Ablehnung, sondern oft aus Unsicherheit. Reicht das Deutsch für den Arbeitsalltag? Wie sind die ausländischen Abschlüsse einzuordnen? Besonders kleinere Betriebe fürchten, jemanden einzuarbeiten, der vielleicht nicht sofort einsatzbereit ist. Hinzu kommen rechtliche Fragen: Dürfen die Bewerber*innen überhaupt arbeiten? Welche Genehmigungen sind nötig? Die Verantwortung, all das zu klären, empfinden viele Betriebe als zusätzliche Last.

Grafik: Die Leistungen der Start Guides für Unternehmen und Zugewanderte aus dem Flyer "Start Guides Delmenhorst".

Individuelle Begleitung macht den Unterschied

„Wir haben schon Fälle gehabt, da waren die Voraussetzungen im Lebenslauf des Ratsuchenden so gut, dass wir lediglich beim Schreiben der Bewerbung unterstützt haben, und schon hat es mit der Stelle geklappt“, berichtet Liesel Gadeberg von ihrer Arbeit. Doch meistens ist es für das zweiköpfige Beratungsteam der Start Guides in Delmenhorst nicht ganz so einfach. Denn in ihrer Arbeit sehen sie sich regelmäßig mit einem breiten Spektrum unterschiedlicher Fragestellungen konfrontiert: von der Unterstützung bei Stellensuche und Bewerbung über die Erfassung individueller Kompetenzen und die Anerkennung von Qualifikationen bis hin zur Vermittlung von Bildungsangeboten sowie der Begleitung in bürokratischen und rechtlichen Belangen.

Weil jeder Fall anders ist, steht für Gadeberg am Anfang immer ein ausführliches, persönliches Gespräch mit den Menschen, die nach der Flucht und dem Sprachkurs in Deutschland eine Arbeit suchen: „Wir tasten uns Schritt für Schritt, Frage für Frage heran: Wie sieht der Lebenslauf aus? Was hat die Person vorher in der alten Heimat gemacht? Was kann sie? Was hat sie schon unternommen, um eine Arbeit zu finden?“, beschreibt Gadeberg die Fragen, die es ganz am Anfang zu klären gilt. Dabei hilft den Beraterinnen auch der Austausch mit den Sprachlehrkräften der Volkshochschule. Denn oftmals haben Start Guides-Bewerber*innen bereits Integrations- und Berufssprachkursen der vhs Delmenhorst besucht, was den Dozent*innen über Monate hinweg genaue Einblicke in Sprachstand, Kompetenzen und Lebenssituation ermöglichte.

Brücken bauen zwischen Bewerbenden und Betrieben

Mit den so erworbenen Informationen im Gepäck sprechen die Projektmitarbeiterinnen gezielt Unternehmen in Delmenhorst an und gleichen deren Anforderungen an Mitarbeitende mit dem persönlichen und beruflichen Profil der Arbeitsuchenden ab. „Wenn wir vom Projekt anrufen oder eine E-Mail schreiben, erhalten wir in vielen Fällen deutlich schneller eine Antwort, als wenn die Teilnehmer sich selbst bewerben“, so die Erfahrung von Liesel Gadeberg. Die Arbeitgeber schätzen, dass die Start Guides die Profile der Bewerber*innen vorab schon genau auf ihre Passgenauigkeit prüfen und so die Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Kandidat*innen immens entlasten.

Ein weiteres Plus für die Unternehmen: Auch nach der Erstvermittlung und der Kontaktanbahnung sind die Start Guides für die Arbeitgeber eine kompetente Anlaufstelle, die ihnen engagiert mit Rat und Tat zu Seite steht. Bei zentralen Herausforderungen, die Arbeitgeber hinsichtlich der Integration von Geflüchteten fürchten – darunter „Sprachprobleme“, die richtige „Einschätzung von Qualifikationen“, der „hohe Betreuungsaufwand“ und „Schwierigkeiten mit Behörden“ – können sie sich so stets auf kompetente und nachhaltige Unterstützung verlassen.

Ende Juni informierten lokale Unternehmen bei einer Minimesse über berufliche Perspektiven in Delmenhorst.

Vertrauen als Schlüssel zum Erfolg

Dass die Start Guides bei ihrer Arbeit generell großes Vertrauen genießen, ist ohnehin einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ihrer Arbeit: Die meisten Menschen, die bei den Start Guides Rat suchen, haben zuvor bereits Kurse der Volkshochschule besucht, kennen deren Räumlichkeiten und Angebote und auch die Menschen vor Ort. Dadurch haben viele von ihnen Vertrauen gefasst – ein entscheidender Faktor, den die Volkshochschule anderen Anlaufstellen, wie den Jobcentern, klar voraushat.

Unternehmensseitig profitieren die Start Guides davon, dass sowohl die Volkshochschule Delmenhorst als auch der Trägerverein Frauen und Wirtschaft e.V. in der städtischen Wirtschaft bestens vernetzt sind. Besonders stolz ist Liesel Gadeberg, dass frühere Projekte der Volkshochschule bis heute positiv in der Arbeit der Start Guides nachwirken. So wenden sich einzelne Unternehmen, an die Gadeberg in der Vergangenheit bereits erfolgreich Bewerber vermittelt hatte, inzwischen mit offenen Stellen auch längst direkt an Gadeberg oder kooperieren sogar aktiv mit dem Projekt – zum Beispiel im Rahmen einer Jobmesse, auf der Teilnehmende aus den Sprachkursen der Volkshochschule jüngst direkt mit zwei regionalen Arbeitgebern in Kontakt treten konnten.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Zwischen regelmäßigen Sprechstunden für Ratsuchende und Unternehmen, einem fest etablierten Newsletter über aktuelle Jobmöglichkeiten und Bewerbungsverfahren sowie zahlreichen Informations- und Vernetzungsveranstaltungen haben die Start Guides an der vhs Delmenhorst in nur wenigen Monaten bewiesen, wie wirkungsvoll persönliche Begleitung, gute Netzwerke und niedrigschwellige Angebote dazu beitragen können, Zugewanderte erfolgreich in Arbeit zu bringen und Betriebe gezielt zu entlasten. Bislang ist das Projekt nur bis Ende des Jahres gesichert. Doch wer sieht, was die Start Guides bereits erreicht haben, versteht, warum die Hoffnung auf eine Verlängerung groß ist – damit die Brücke zwischen Unternehmen und Zugewanderten auch künftig weitergebaut werden kann.

Weitere Informationen

In Niedersachsen unterstützen 26 regionale „Start Guide“-Projekte die Arbeitsmarktintegration von internationalen Zugewanderten mit und ohne Fluchthintergrund – Sieben „Start Guide“-Projekte sind an Volkshochschulen angesiedelt (Celler Volkshochschule, vhs Meppen, kvhs Aurich-Norden, vhs und Musikschule Friesland-Wittmund, vhs Hildesheim, vhs Delmenhorst und kvhs Ammerland).


Weitere Praxisbeispiele vom #zukunftsort_vhs

Über die Storytelling-Kampagne

#zukunftsort_vhs: Zusammen in die Arbeitswelt von morgen!

Spannende Aufgaben, mehr Verantwortung und viel weniger Routine: Diese Vorteile haben Menschen in einer digitalisierten Arbeitswelt, in der mehr und mehr mechanische Verrichtungen von Robotern erledigt werden. Menschen übernehmen auf allen Ebenen im Unternehmen das, was Intuition und Empathie erfordert. Selbstbestimmtes und kreatives Arbeiten ist nicht mehr das Privileg der höheren Etagen. Hierarchien am Arbeitsplatz werden flacher, Arbeitsprozesse geschmeidiger, und der gegenseitige Respekt wächst, wenn gute Ideen unabhängig von Profil und Stellung ihrer Urheber*innen leicht den Weg durch alle Schleusen im Betrieb finden. Kollektive Intelligenz wird zur kritischen Masse für die Entstehung neuer Produkte und die Entwicklung kluger Strategien. 

Arbeit könnte also in Zukunft weit mehr Menschen weit mehr Chancen auf Selbstverwirklichung bieten. Das bringt aber auch neue Herausforderungen, insbesondere an die Flexibilität und Belastbarkeit jede*r Einzelnen. Und: Um von den Vorteilen der agilen Arbeitswelt profitieren zu können, müssen wir alle dazulernen. Dabei reicht es nicht, technologisches Know-how zu erwerben. Immer stärker gefragt sind überfachliche Kompetenzen: die Fähigkeit, Probleme selbständig zu lösen, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, gute Zusammenarbeit in interkulturellen Teams – und natürlich Sicherheit im Umgang mit digitalen Tools, Daten und Information. Der Ort, um diese Future Skills zu erwerben, ist die Volkshochschule. In rund 850 Städten und Gemeinden von Aurich bis Zwickau bringt die vhs Menschen voran. 

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