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Deutscher Volkshochschul-Verband

Methodenkoffer „Politische Jugendmedienbildung“

DVV und Grimme-Institut entwickeln neues Rüstzeug für die Herausforderungen der Digitalisierung

Von Dr. Martin Winands, Magda Langholz und Lars Gräßer

In den vergangenen Jahren ist „Digitalisierung“ zu einem Schlüsselbegriff politischer und auch bildungswissenschaftlicher Debatten geworden. Zumindest in westlichen Gesellschaften prägt sie nicht nur den Ausbildungs- und Berufsalltag, sie dient auch in wesentlichen Teilen der Freizeitgestaltung: Viele Dinge der Lebensführung werden praktisch einfacher, wenn etwa Verabredungen nahezu ohne Zeitversatz in sozialen Netzwerken erfolgen können oder der Wochenendeinkauf noch rasch am späten Abend auf der Onlineplattform des digitalen Supermarktes erledigt werden kann und schon am nächsten Tag vor die Tür geliefert wird.

Heute kann jeder Informationen im Netz gestalten

Die Entwicklungsschritte digitaler Angebote und Möglichkeiten sind rasant und erscheinen mitunter nahezu unüberschaubar. Nicht von ungefähr gesellt sich manchmal aber auch ein Unbehagen hinzu. Denn überall dort, wo sich Möglichkeiten und Abzweigungen auftun, kann es schwierig werden, sich zu orientieren und auch das eigene Handeln einzuschätzen. Fragen etwa, die das richtige Kommunikationsverhalten betreffen, treiben die Bürgerinnen und Bürger um: Der Ton im Netz ist vielfach rau – und das spüren nicht nur Minderheiten. Hinzu kommt eine große Informationsfülle, die bereitgestellt wird, aus der allerdings auch selektiert werden muss. Quellen für Informationen sind nicht immer leicht nachvollziehbar, denn neben etablierten Tageszeitungen oder Nachrichtenportalen gibt es im Netz viele weitere Plattformen, auf denen Meldungen erscheinen, Meinungen kundgetan oder Produkte beworben werden. Vor diesem Hintergrund werden Begriffe wie „Hate Speech“ oder „Fake News“ intensiv diskutiert. Die Diskussion darüber wirft Fragen nach dem Umgang miteinander auf und darüber, was eigentlich wahr ist und wer sich überhaupt hinter dem Gegenüber in der Online-Kommunikation verbirgt – ein Mensch oder doch ein mittels Algorithmus gesteuerter sogenannter Social Bot? Im Grunde kann im Zeitalter der „Digitalisierung“ jede und jeder in der Kommunikation und Informationsgestaltung mitwirken – ob als Konsument*in oder Produzent*in.

Handlungsstrategien für Kinder und Jugendliche

Insbesondere Kinder und Jugendliche, die in solchen digitalisierten und teilweise unübersichtlichen Welten aufwachsen, müssen mit dem Rüstzeug für einen kompetenten Umgang mit Herausforderungen und Risiken der „Digitalisierung“ ausgestattet werden. Die vhs als kommunale Zentren der Weiterbildung sehen sich in besonderem Maße in der Verantwortung, diesem Auftrag nachzukommen. Entsprechend entwickelt das DVV-Referat für Politische Jugendbildung in Kooperation mit dem Grimme-Institut den Methodenkoffer „Politische Jugendmedienbildung“.

Zurückgegriffen wird dabei auf Erfahrungen aus dem europäischen Projekt BRICkS (Building Respect On The Internet By Combating Hate Speech), welches 2015–2016 von der Grimme-Akademie mit diversen europäischen Partnerinstitutionen umgesetzt wurde. Dazu gehörten über 200 Stunden Workshops an deutschen Schulen, die von Januar bis Dezember 2016 stattfanden. Ihr Ziel: Jugendliche für das Thema „Hate Speech“ zu sensibilisieren, ihnen erste Handlungsstrategien zu vermitteln und durch eine kreative mediale Aufbereitung eine persönliche Auseinandersetzung zu ermöglichen. Hier knüpft der Methodenkoffer an, schreibt den Themenstrang „Hate Speech“ fort, ergänzt um den eng verwandten Begriff „Fake News“. Er ist konzipiert für sechs Unterrichtseinheiten im Umfang von 45 Minuten und die speziellen Rahmenbedingungen von Volkshochschulen.

Dabei muss klar sein: „Hate Speech“ und „Fake News“ sind natürlich unterschiedliche Begriffe, gehen aber in der medienpädagogischen Praxis – also in der Arbeit vor Ort mit jungen Zielgruppen – ineinander über, zumal sie strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen und fast zeitgleich in Deutschland aufkamen: als 2015 die Zahl der Geflüchteten stark anstieg. Nach einer Einleitung und Einführung für Dozent*innen verfolgt der Methodenkoffer „Politische Jugendmedienbildung“ folgende Struktur: 

  • Modul 1: stellt den digitalisierten Medienalltag in den Mittelpunkt und betrachtet ihn aus Sicht der Jugendlichen – mit Themen wie „digitale Medien“, „Mediennutzung“ und eigene „Medienerfahrung“.
  • Modul 2: führt dann konkreter in die Begriffe „Hate Speech“ und „Fake News“ ein, erklärt Charakteristika und Motivationen und liefert konkrete Beispiele für die weitere Reflexion.
  • Modul 3: debattiert die Rechtslage, erläutert aber nicht nur juristische Zugänge und „Umgangsformen“ professioneller Medienmacher*innen, sondern vor allem persönliche/individuelle Lösungsstrategien für junge Zielgruppen. Zudem stellt es kreative Möglichkeiten für die Umsetzung innerhalb einer Unterrichtseinheit vor:
    Techniken, um „Hate Speech“ selbst auf den Grund zu gehen, „Fake News“ zu entlarven oder auch selbst einmal solche zu gestalten – im Sinne des „learning by design“.
  • Modul 4: schließlich rundet das Ganze inhaltlich ab mit einer Übersicht über praxisorientierte Initiativen und Projekte zu beiden Themensträngen. Diese bieten den Dozent*innen und Teilnehmer*innen Möglichkeiten für eine nachhaltige Beschäftigung (inklusive Linkliste und Arbeitsblättern).
Die Erstellung des Methodenkoffers wird aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes vom BMFSFJ gefördert.

Den Methodenkoffer können Volkshochschulen ab dem Jahr 2019 einsetzen und dafür im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP) bis zum 1. November 2018 Fördermittel beim DVV-Referat „Politische Jugendbildung“ beantragen. Voraussichtlich im September erfolgt der Aufruf zur Antragstellung. Dann werden auch Informationen zum Umfang und den voraussichtlichen Kosten der Umsetzung bereitgestellt. Fragen zum Methodenkoffer können vorab bereits an Magda Langholz (langholz[a]dvv-vhs.de) gerichtet werden.

Online Hate Speech

Perspektiven auf eine neue Form des Hasses. Schriftenreihe zur Digitalen Gesellschaft

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Bildnachweise

  • Grimme-Akademie
  • Grimme Akademie
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)