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Deutscher Volkshochschul-Verband

07.05.2019

DVV-Präsidentin Kramp-Karrenbauer mahnt stärkeres Engagement für Alphabetisierung und Grundbildung an

Bund, Länder und Kommunen sollen gemeinsam für bessere Regelförderung sorgen

Bonn. „Wir dürfen in unseren Anstrengungen für Alphabetisierung und Grundbildung in Deutschland nicht nachlassen.“ Mit diesen Worten hat die Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV), Annegret Kramp-Karrenbauer, die leo (Level One)-Folgestudie der Universität Hamburg kommentiert, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Demnach gibt es bundesweit 6,2 Millionen Menschen, die nur gering literalisiert sind, die also selbst einfache Texte nicht sinnverstehend lesen oder schreiben können. Die erste leo-Studie von 2010 hatte 7,5 Millionen gering literalisierter Erwachsener ermittelt. „Mehr als eine Million Menschen haben in den vergangenen Jahren die Anstrengung unternommen, Lesen und Schreiben zu lernen. Sie sind ein Vorbild und zeigen, dass es nie zu spät ist“, sagt die DVV-Präsidentin und fügt hinzu: „Volkshochschulen bieten Menschen lebenslang die Chance, Bildungslücken zu schließen. Alle staatlichen Ebenen – also Bund, Länder und Kommunen –  müssen sie in diesem Lernprozess bestmöglich unterstützen.“

Der DVV wertet die gesunkene Zahl gering Literalisierter als einen Erfolg der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung von Bund und Ländern. Daran ist auch der DVV stark beteiligt. Die wachsende Zahl engagierter Bildungsträger in diesem Feld führe zu mehr Lernangeboten. Auch sei es gelungen, das Thema stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und Multiplikatoren stärker einzubinden. Zudem habe man neue Wege beschritten, um Betroffene gezielter anzusprechen.

Die aktuelle leo-Studie zeigt aus Sicht der Volkshochschulen aber auch, wo besonderer Handlungsbedarf besteht. Unter den Menschen ohne Schulabschluss kann mehr als die Hälfte (54,5 Prozent) nicht ausreichend Lesen und Schreiben. Das bestätigt die Haltung der Volkshochschulen: Das Nachholen von Schulabschlüssen zu unterstützen, ist ihnen ein besonderes Anliegen.

Die leo 2018-Studie belegt außerdem: Geringe Literalität macht die Menschen unsicherer und begrenzt ihre Kompetenz, Alltagsentscheidungen zu treffen. Unter anderem sind Betroffene in der Nutzung digitaler Medien eingeschränkt. Zwar kann digitale Technologie dabei helfen, Defizite im Lesen und Schreiben zu kompensieren, beispielsweise durch Sprachnachrichten. Allerdings greifen gering Literalisierte kaum auf das Internet zurück, um Informationen zu suchen. Auch in Gesundheitsfragen besteht Nachholbedarf: Gering Literalisierten fällt es schwer, Beipackzettel zu verstehen oder Behandlungsformulare in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen auszufüllen. Bürgerschaftliche Partizipation ist ebenfalls eingeschränkt. Betroffene suchen weniger Austausch über politische Themen, engagieren sich seltener ehrenamtlich und gehen auch weniger zur Wahl.

Für solche konkreten Alltagsthemen bieten Volkshochschulen Kurse und Vorträge an. Keine andere Weiterbildungseinrichtung kann eine so breite Palette an Grundbildungsangeboten vorweisen. Neben dem Kursangebot vor Ort ermöglicht das vhs-Lernportal (vhs-lernportal.de) einen niederschwelligen Einstieg in den Lernprozess. Lernende werden dort tutoriell begleitet und können sich online sogar systematisch auf einen Schulabschluss vorbereiten. Seit der DVV im Jahr 2004 das Online-Lernangebot für Alphabetisierung und Grundbildung an den Start gebracht hat, wurden fast 600.000 Lernerinnen und Lerner registriert.  

Und dennoch: „Die Teilnahmezahlen bleiben weit hinter dem in der leo-Studie ermittelten Bedarf zurück“, so DVV-Präsidentin Kramp-Karrenbauer. Alphabetisierungskurse an Volkshochschulen verzeichneten 2017 bundesweit rund 41.000 Teilnahmen. Der DVV fordert weiterhin eine bessere Regelförderung für Alphabetisierungskurse, um finanzielle Hürden abzubauen und so gerade sozial Benachteiligten den Einstieg in Weiterbildung zu erleichtern.

„Lesen und Schreiben lernt man nicht von heute auf morgen“, sagt Kramp-Karrenbauer. Dennoch lohne sich der Aufwand – für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Denn Literalität sei grundlegend für eine umfassende Partizipation in allen gesellschaftlichen Bereichen und für eine dauerhafte und existenzsichernde Beschäftigung. „Grundbildung und Alphabetisierung tragen dazu bei, Erwerbslosigkeit zu senken und Armutsrisiken zu entschärfen. Investitionen in nachholende Grundbildung können helfen, Sozialausgaben zu verringern, Ausgrenzung zu überwinden und letztlich den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken“, sagt die DVV-Präsidentin.

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