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Deutscher Volkshochschul-Verband

Ein Jugendclub in der Innenstadt?

Einen Jugendclub im Stadtzentrum von Rostock wünschten sich die Jugendlichen, die am Demokratieführerschein-Projekt der Volkshochschule im Frühjahr 2022 teilnahmen. Sie erfuhren, wie sie sich für dieses Ziel auf der Ebene der Lokalpolitik einsetzen können und wer sie dabei unterstützen kann.

von Katharina Reinhold

Jugendliche für Lokalpolitik zu interessieren und sie zu motivieren, sich für ihre eigenen Anliegen einzusetzen – dies war das Ziel des Demokratieführerschein-Projekts in Rostock.

An drei inhaltlich vollen Tagen in den Winterferien (im Februar 2022) lernten die Teilnehmer*innen verschiedene Ansprechpartner*innen für Jugendbeteiligung kennen und identifizierten ein gemeinsames Anliegen, das sie dann im weiteren Verlauf verfolgten. Im März trafen die Jugendlichen sich mit Kommunalpolitiker*innen und trugen ihr Anliegen in einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses vor.

Definition eines gemeinsamen Anliegens

Zum Start in den Kurs beschäftigten die Jugendlichen sich mit der Frage, was es bedeutet, in einer Demokratie zu leben und welche Vorteile dies mit sich bringt. Mit der Methode der Zukunftswerkstatt entwickelten sie gemeinsam eine Idee, für welches Anliegen sie sich im Rahmen der Maßnahme einsetzen möchten: die Schaffung eines Jugendclubs in der Innenstadt von Rostock. Sie arbeiteten konkret aus, welche Anforderungen sie an den Jugendclub haben, welche Pro- und Contra-Argumente es gibt und wie man die Contra-Argumente entkräften könnte.

Als Gast-Referentin stellte Andrea Wehmer ihre Aufgaben als Kinder- und Jugendkoordinatorin der Stadt Rostock vor, die unter anderem darin bestehen, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Sie informierte die Teilnehmer*innen über die Beteiligungsmöglichkeiten, über bestehende Jugendclubs und beriet sie zu ihrem Anliegen.

Kompetenztrainings für erfolgreiche Kommunikation

Juliane Dieckmann, hauptamtliche Kinder- und Jugendbeteiligungsmoderatorin beim Rostocker Stadtjugendring e. V., bot ein Kommunikationstraining für die Jugendlichen an. Sie ermittelten, welcher Kommunikationstyp sie sind, sprachen darüber, was ihnen beim Kommunizieren wichtig ist und wie sie gut und angemessen kommunizieren können. Die Teilnehmer*innen übten darauf aufbauend, ihr Anliegen zu präsentieren. Juliane Dieckmann ließ im Rahmen des Trainings stets ihr Wissen im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung einfließen. Sie informierte die Jugendlichen über ihre Möglichkeiten und bot ihre professionelle Unterstützung bei der Platzierung von Anliegen der Jugendlichen im politischen Raum an.

Als weitere Gast-Referentin war Laureen Zielke eingeladen, die als freie Mitarbeiterin einer Rostocker Lokalzeitung tätig ist. Sie gab den Jugendlichen wertvolle Tipps zum kompetenten Umgang mit und zur Nutzung von Medien, um ihr kommunalpolitisches Anliegen zu platzieren.

Gespräche mit Kommunalpolitiker*innen

Einige Wochen nach dem Ferien-Kursblock trafen die Jugendlichen sich zu einer Gesprächsrunde mit Vertreter*innen der Rostocker Kommunalpolitik aus unterschiedlichen Parteien. Die Jugendlichen sprachen über ihren Wunsch nach einem Jugendclub in der Innenstadt. Die Politiker*innen gaben ihnen Tipps zur Umsetzung und versprachen, das Thema mit in andere Gremien und Strukturen zu tragen.

Zwei Teilnehmer*innen stellten kurz darauf das gemeinsame Anliegen in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses der Bürgerschaft in einem 15-minütigen Vortrag vor. Dafür erhielten sie Applaus und positives Feedback seitens der Politiker*innen und fühlten sich sehr bestärkt. Bei einem zufälligen Treffen mit der Präsidentin der Rostocker Bürgerschaft Regine Lück erzählten sie auch ihr von ihrem Anliegen. Sie empfahl den Jugendlichen, ihr Thema den einzelnen Fraktionen vorzustellen.

Im Gespräch mit Kommunalpolitiker*innen unterschiedlicher Parteien
Die Pro- und Contra-Argumente werden gesammelt und sortiert

Motivation für weiteres Engagement

Beim Abschlusstreffen des Kurses werteten die Jugendlichen ihre Erfahrungen aus und entwickelten ihr Projekt weiter, denn es war klar, dass sie dranbleiben wollten. Die Teilnehmer*innen sammelten und bewerteten Ideen für mögliche Verbündete, welche Gremien sie besuchen wollen, welches die nächsten Schritte sein sollen und was erfolgversprechende Wege sein könnten. Sie zeigten sich hochmotiviert und bestärkt darin, sich weiterhin für den Jugendclub einzusetzen. Die persönlichen Kontakte zu Verwaltungsmitarbeiter*innen und Politiker*innen dürften dabei sehr hilfreich sein. Bereits im Verlauf des Kurses und dann auch in der Feedbackrunde wurde deutlich, dass die Jugendlichen viele neue Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Demokratieführerschein-Projekt mitnahmen. 

Positives Fazit

„Maßgeblich für den Erfolg ist, dass sich das Seminarangebot an den Interessen und Wünschen der Jugendlichen orientiert“, sagt Sarah Grützmacher von der vhs Rostock. Dafür wurden Inhalte und Pläne auch kurzfristig immer wieder angepasst. Ein Highlight für die Jugendlichen war die aktive Teilnahme an der Ausschusssitzung der Bürgerschaft und das positive Feedback seitens der Politiker*innen. Wertvoll waren auch die konkreten Tipps der Gast-Referent*innen und die zahlreichen persönlichen Kontakte, die entstanden.

Neben dem Formulieren eigener Interessen und Perspektiven haben die Jugendlichen auch gelernt, öffentlich zu reden, zu argumentieren und zu verhandeln. Sie haben Strukturen und Abläufe der Kommunalpolitik kennengelernt und an Selbstbewusstsein gewonnen.

Bettina Lorenz und Per Voß, Kursleitungen des Demokratieführerschein-Projekts an der vhs Rostock

Lerneffekte auf beiden Seiten

Auch die beteiligten Institutionen haben viel aus dem Projekt gelernt – zum Beispiel, dass ihre bisherigen Aktivitäten zum Bekanntmachen der Beteiligungsstrukturen, Gremien und Anlaufstellen für Jugendliche nicht ausreichend sind. Denn die Kursteilnehmer*innen hörten alle zum ersten Mal von diesen institutionalisierten Angeboten. Die Institutionen der Jugendhilfe und der politischen Jugendbildung wollen sich daher künftig  stärker vernetzen und neue Ansätze finden, Werbung für mehr Jugendbeteiligung und die Unterstützungsangebote zu machen.

Die Inhalte des Kurses „Demokratieführerschein“ werden in Rostock weiterhin angeboten. In die Weiterentwicklung des Formats fließen das Feedback und die Vorschläge der Jugendlichen sowie die Erfahrungen der Kursleiter*innen mit ein.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Volkshochschule Rostock / Katrin Kaltenberg
  • Volkshochschule Rostock / Katrin Kaltenberg
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